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tl;dr

Nach vier Jahren, habe ich es endlich wieder auf die SoCraTes geschafft. Es war interessant, informativ, spannend und lustig.

Schon ein Weilchen her

Nach 2018 habe ich wieder einmal das Privileg und die Freude gehabt an einer SoCraTes in Soltau teilnehmen zu duerfen.

Wie alle vorherigen Male, war es auch nach dieser langen Zeit wieder ein tolles Erlebnis mit einem ernomen Wissensaustausch, Netzwerken (das ich in dieser Umgebung nicht als unangenehm empfinde) und jeder Menge Spass :)

Soltau - Heimat der Software Craft Gmeinschaft

Die SoCraTes findet nun schon seit langem zur selben Zeit am selben Ort statt: am letzten Augustwochenende im Hotel Park Soltau. Man kann sagen, wir haben hier eine Art Heimat gefunden, oder zumindest ein zeitweises gemeinsames Wohnzimmer - manch eine/r wuerde behaupten Spielzimmer trifft es eher.

Ich bin in diesem Jahr das erste Mal mit dem Zug angereist und schon beim Ausstieg in Soltau Nord fielen mir die ersten bekannten Gesichter am Bahnsteig auf. Gemeinsam ging es dann auf den 200m langen Fussmarsch ins Hotel. Das erste erfreuliche Kribbeln machte sich breit.

Und auch am Eingang traf ich sofort auf “die, die immer hier sitzen”. Ein eingespieltes Team, das fuer einen reibungslosen Checkin sorgte - diesmal auch inkl. Corona-Test.

Sichtpruefug

Nach dem Checkin ging es erstmal auf’s Zimmer. Gepaeck ab- und Namensschild anlegen. Dann los zum ersten Rundgang, um zu sehen wer alles schon da ist und den Lageplan aus meiner Erinnerung mit der Realitaet vergleichen.

Schon bei dieser ersten Runde gab es viele kleine Hallos und einige wenige herzliche Begruessungen. Ich muss selbst hier erstmal wieder mit den Leuten warm werden.

World Cafe

Zur Einstimmung fand auch diesmal wieder ein “World Cafe” am Vorabend der eigentlichen Konferenz statt.

Nach einer kurzen Vorabinfo ging es an die Gruppentische in den Tagungsraeumen.

Als einer der “Table-Hosts” uebernahm ich die Aufgabe, die wechselndeln Gruppen am Tisch durch die Beantwortung der drei Leitfragen zu fuehren:

  1. Was bedeutet die SoCraTes fuer dich?
  2. Wie machst du das beste aus der Zeit mit so vielen Software Craftern in deiner Naehe?
  3. Was willst du tun, damit das was hier passiert, sich auch woanders positiv auswirkt?

Es schien mir, dass alle drei Frage am Ende immer zu Antworten führten, die als gemeinsamen Nenner hatten, wie wunderbar die Konferenz durch alle Anwesenden gestaltet werden wuerde. Ein enormes Gemeinschaftsgefuehl.

Nach der Anreise und einer laengeren Unterhaltung beim Abendessen, nahm ich dann an keiner der Abendsessions mehr Teil, der Akku war einfach leer.

Auf dem Weg zu meinem Zimmer sah ich dann aber doch noch einen Kontrast, den es so wohl auf keiner anderen Tech-Konferenz gibt. In einem der Raeume, sassen ca. 20 Leute entspannt im Kreis und uebten sich in einer Achtsamkeitsmeditation. Unter dem Vordach desselben Raums hockten zehn weitere Leute um drei Laptops und waren mit Code Katas beschaeftigt.

Tag 1

Nach etwas Fruehsport und einem ausgiebigen Fruehstueck entschied ich, dass ich am ersten Tag keine eigene Session anbieten wuerde.

Bei knappen 60 Sessions am Tag fiel auch diesmal die Auswahl nicht leicht. Allerdings war es einfacher als in den Jahren zuvor, da es auch Themen gab, die ich dieses Jahr explizit nicht behandeln wollte - zumindest nicht auf der SoCraTes.

Ich besuchte am ersten Tag

  • Note taking and knowledge management
  • 5 minute journal
  • Dedicated tester - How could this be effective
  • How to become an expert developer
  • Becoming a software engineer

Zettelkasten statt Zettelwirtschaft

Von der Session ueber Notizen und Wissensmanagement habe ich nicht viel mitgenommen. Das eingetzte Tool Obsidian hatte ich irgendwann schon mal gesehen. Ich verlies zwar die Session nach kurzer Zeit, machte mich aber daran das Tool runterzuladen und dann erneut anzutesten.

Aktuell setze ich es an der Arbeit fuer strukturierte Notizen ein.

Tagebuch in fuenf Minuten

Das “5 minute journal” ist ein interessantes Konzept, fuer alle, die Notizen in Tagebuchform fuehren wollen, aber ohne grossen Zeitaufwand. Andreas war so nett uns seine Variante des 5MJ zu erlaeutern.

Einen Teil davon habe ich fuer mein Bullet-Journal uebernommen.

Tester besser machen

Was bringt es einen oder mehrere dedizierte Tester im Team zu haben? Dieser Frage gingen wir zusammen mit Lisi Hocke auf den Grund.

Zwar waren mir die Argumente und Einsatzformen, die Lisi beschrieb nicht neu, aber es war gut sie mal wieder von einem Profi nahegelegt zu bekommen.

Tester sollten nicht nur am Ende des Entwicklungszyklus eingesetzt werden, um all die Fehler zu finden, die bis dahin entstanden sind. Vielmehr gilt auch hier das Prinzip, dass fruehzeitig gefundene Fehler schneller und guenstiger zu beheben sind. Daher sollten Tester, die im Team integriert sind am besten schon bei der Erstellung der Anforderungen mit eingebunden werden, um einen weiteren kritischen Blickwinkel abzudecken.

Vom SME zum Entwickler

Alex berichtete uns in seiner Session von DATEVs Initiative zur Rekrutierung von Entwicklern. Dort werden die firmeneigenen Domaenenexperten zu Entwicklern umgeschult, bzw. Personen mit Kentnissen in aelteren Technologien an neue Programmiersprachen und Techniken herangefuehrt.

Die 20 Personen, die sich aktuell in diesem Programm befinden, sind fuer 18 Monate komplett freigestellt. Dieses Investment kann man sich natuerlich nur bei einer gewissen Umsatzhoehe und entsprechendem Personalpool leisten. Wenn sich dieses Programm allerdings massschneidern laesst, wird der Gewinn aus dieser Investition immens.

Alleine, diesem Personenkreis einen neuen Blickwinkel auf den bisherigen Arbeitgeber zu verschaffen und ihn so noch etwas laenger auf produktive Weise an die Firma zu binden, rechtfertigt diesen Aufwand.

Ein Vorschlag zur Verbesserung war, die einzelnen Lerngruppen (jeweils vier oder fuenf Personen) in den ersten Monaten einen Working Out Loud Zirkel formen zu lassen. Diese Idee kam gut an, da DATEV sowieso schon eine interne WOL Initiative hat.

Ein weiteres Problem ist, dass die Teilnehmer ihren Stand nur sehr schlecht einschaetzen koennen. Sie haben wenige bis keine Vergleichsmoeglichkeiten, welche Faehigkeiten sich auf welcher Stufe, in welcher Form sich auf ihre Taetigkeit auswirken.

Ich habe dann vorgeschlagen, den Teilnehmern eine Art Bewertungsbogen an die Hand zu geben, der einem kompetenzorientierten Zeugnis in Grundschulen aehnelt. Diese Moeglichkeit kann allerdings nur eingeschraenkt umgesetzt werden, da die Kandidaten nicht in vergleichender Form bewertet werden duerfen. Hier hat der Betriebsrat seinen Standpunkt zurecht klar gemacht. Die Moeglichkeit besteht natuerlich immer noch, wenn sich die Kandidaten anhand eines solchen Bogens selbst bewerten. Allerdings kostet es auch wieder Aufwand einen sinnvollen Bogen zu erarbeiten und soweit zu dokumentieren, dass die Personen sich auch korrekt einschaetzen koennen.

Wie wird man ein/e Erperte/in

Ansgar ist in seinem Vortrag darauf eingegangen, wie man tatsaechlich ein/e Experte/in fuer Software Entwicklung (oder auf jedem anderen Gebiet) werden kann.

Die schon legendaeren 10.000 Stunden auf einem Gebiet voll zu machen reicht nicht aus. Dies schafft jeder Arbeitnehmer nach knappen sechs Jahren Arbeit.

Es geht darum diese 10.000 Stunden bewusst zu investieren. Das Stichwort heisst “Deliberate Practice”, also bewusstes Ueben. Und zwar das Ueben neuer Dinge, bei denen man sich aus seiner bisherigen Komfortzone herausbewegt, ohne sich zu ueberfordern.

Coding Dojos und Katas muessen bewusst eingeplant und durchgefuehrt werden. Zwischen Tuer und Angel wird naemlich sonst eine “Incidental Practice” bei der das Gehirn dann nicht mehr ganz darauf eingestellt ist zu lernen. Der Erfolg faellt entsprechend schlechter aus.

Tag 2

Nachdem ich an Tag 1 nur an Sessions teilgenommen hatte, wollte ich am Samstag zwei Sessions selber anbieten.

Eine zum C4 Model und eine zu meiner Art, meine Weiterbildung zu organisieren.

Geniale oder dilettantische Verwendung des C4 Modells

Ziel der C4 Model Session war hauptsaechlich eine Rueckmeldung zu einem meiner Modelle zu bekommen. Daher legte ich sie in den Vormittag. In unserer kleinen Runde bekam ich Unterstuetzung von Markus Tacker, der diese Form der Dokumentation auch schon eingesetzt hat, aber mit Defiziten der Darstellung zu kaempfen hatte - und immer noch hat.

Nach einer kurzen Einfuehrung in das Modell und die Hauptdiagramme, gingen wir mein Modell durch. Das konkrete Beispiel brachte einige Diskussionspunkte hervor. Vor allem das genaue Massschneidern von Diagrammen auf das jeweilige Publikum, stach hier heraus. Den Anwesenden, waren mehrheitlich zu viele, oder zu wenige Informationen enthalten.

Als Verbesserung an meinem Modell, konnte ich dann tatsaechlich noch einen Vorschlag mitnehmen. Wir identifizierten eine etwas zu detaillierte Darstellung von Microservices im Container Level des Modells. Diese sollte eher eine Stufe tiefer, bei den Components, angesiedelt sein.

Weiterbildung planen und analysieren

Hier wollte ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu vermitteln, wie ich die letzten anderthalb Jahre mein Lernen geplant habe und wie ich die Fortschritte im Auge behalte.

Ich stellte auch meinen ersten Ansatz vor wie ich diese Daten fuer meine Karriereplanung verwende/verwenden will.

Ich fuehre in meinem Bullet Journal Buch darueber, was ich wie lange lerne. Das hilft hauptsaechlich dabei, mich nicht schlecht zu fuehlen wenn ich mal ein oder zwei Tage nichts getan habe um mich weiterzubilden. Auf den umliegenden Seiten steht dann naemlich mit ziemlicher Sicherheit, was an diesen Tagen wichtiger war - und da gibt es einiges.

Es hilft aber auch dabei, die Zeiten evtl. besser zu verteilen, wenn man gerade ein bestimmtes Lernziel hat, aber seine Zeit nicht entsprechend einteilt.

Aber was hilft es das alles zu notieren, wenn man die Daten nicht auswertet.

Ich habe mir ein Spreadsheet erstellt, in dem ich voellig Subjektiv festgehalten habe, wie eine moegliche Weiterentwicklung fuer mich aussehen koennte. Diese basiert auf fuenf Kategorien und einer ersten Selbsteinschaetzung, die ein aktuelles Profil ergeben.

Ich habe dann ueberlegt wo ich mich wahrscheinlich weiterbilden muss um entweder mehr einem Entwickler- oder einem Architektenprofil zu entsprechen.

Danach habe ich ein paar (voellig subjektive) Kriterien festgelegt an denen ich einen “Stufenaufstieg” pro Kategorie festmachen moechte.

Die Auswertung liegt aber aufgrund wichtigerer Dinge seit einem viertel Jahr auf Eis. Mein Plan ist, das nach der SoCraTes wieder anzugehen.

Kein Post SoCraTes Blues

Und dann war der OpenSpace Teil der SoCraTes auch schon rum. Zwei Konferenztage wie im Nu dahin.

Nach dem Abendessen war ich dann auch so platt, dass es fuer weitere Abendsessions nicht mehr reichte.

Am naechsten Morgen konnte ich ganz entspannt aufstehen und Fruehstuecken. Mein Zug Richtung Heimat ging erst um kurz vor zehn.

Ich hatte das Glueck, dass der Post-SoCraTes Blues nicht schon jetzt einsetzte. Ich konnte zusammen mit Marion, einer Teilnehmerin, die auch in meiner Weiterbildungs-Session gewesen war, die SoCraTes und einige der Sessions nochmal Revue passieren lassen. Das war dann ein perfekter Ausklang fuer meine SoCraTes 2022.